Buchrezension: Geld allein ist auch eine Lösung

Ich bin durch das Thema NFTs auf Mike Hager aufmerksam geworden. Er hat dazu ein Buch geschrieben, das aber leider erst im Februar erscheinen würde. Also entschied ich mich, die Wartezeit darauf zu vertreiben, indem ich ein früheres Buch von ihm las: Geld allein ist auch eine Lösung.

Kurz gesagt ist das ein interessanter, kurzweiliger Geldratgeber, der in seinem Grundtenor an die Bücher von Investment Punk Gerald Hörhan erinnert und sich an Anfänger richtet. Das Buch kann man sehr leicht runterlesen, da es locker und flüssig geschrieben ist. Außerdem enthält es einige gute Tipps und ruft uns viele fundamentale Gesetze der finanziellen Intelligenz noch einmal ins Gedächtnis. 

Zunächst einmal sollte darauf hingewiesen werden, dass der Autor einen New Age Hang zum Gesetz des Universums hat. Wer bei jeglicher Erinnerung an das Law of Attraction schon die Augen verdreht, sollte dieses Buch daher nicht anfassen. Es ist nicht esoterisch, allerdings ist es stark in der Karma-Ecke verwurzelt und Mike Hager wird nicht müde sein „Gerechte Welt Bias“-Credo: „Life Happens for you“ zu wiederholen. Das ist seine Art, man sollte das einfach wissen. Ich denke, dass derartige Aussagen für viele Menschen sehr motivierend wirken können und ich nehme mich da selbst nicht aus. Dennoch sollte jedem bewusst sein, dass hier aus einer sehr privilegierten Perspektive gesprochen wird und ein derartiger Ansatz schlicht und einfach nicht für alle Menschen Anwendung finden kann. Hagers Heldenepos vom hochverschuldeten Studenten zum Investmentmillionär unterstreicht diese Aussage natürlich. Hätte er nicht mit Anfang 20 bei einem missglückten Investment hohe Schulden angehäuft, hätte er sich nie mit Geld auseinandergesetzt. Man kann die Punkte nur rückwärts verbinden und für ihn war es sicherlich das Beste, was ihm passieren könnte. Ich finde es immer bewundernswert, wenn Menschen in ihren Rückschlägen etwas Gutes sehen können und ich selbst bin bemüht dieses Paradigma auch immer auf meine eigene Weltsicht anzuwenden, dennoch sollten wir im Hinterkopf behalten, dass das eben nicht für jeden gilt. Menschen, die ohne Schulbildung in einem der ärmsten Länder dieser Welt geboren werden und bereits als Kinder beide Eltern verlieren oder Opfer von Kriegen werden, können nur schwer sagen „Das passiert nicht gegen mich, das passiert für mich“. Und wahrscheinlich müssen wir gar nicht so weit weggehen. Auch in Deutschland gibt es reihenweise Schicksale, wo ich mir denke: Hey da hast du einfach Pech gehabt, das kann man nicht schönreden. 

Ich genieße dieses ganze Gerede von Karma daher immer mit Vorsicht und denke, dass wir grundsätzlich sehr privilegiert sind, wenn wir das Gute in unseren Rückschlägen sehen können. Dabei möchte ich mich selbst nicht ausnehmen, denn auch ich bin – was das angeht – sehr privilegiert und kann daher das Gute im Schlechten sehen.

Was ich ebenfalls sehr interessant fand ist, dass der Autor einen großen Teil des Buches auf das Hinterfragen von Glaubenssätzen verwendet. Das ist aus meiner Sicht gut und Richtig. Wir alle haben von unseren Eltern, in der Schule oder von unseren Freunden bestimmte Ansichten über Geld aufgeschnappt, die unbewusst prägen, wie wir mit Geld umgehen. 

Wer unbewusst schlecht über Geld denkt, der wird es schwer haben welches anzuhäufen. Was ich aber sehr interessant fand ist, dass Hagers eigene Glaubenssätze über Menschen, die zeigen, dass sie Geld haben, immer wieder durchsickern. Es machte auf mich den Eindruck, als hielt der Autor Menschen, die ihren Reichtum und Erfolg offen zur Schau stellten für Blender, Aufschneider, Menschen mit einem kleinen Ego oder schlicht Hochstapler. Für ihn scheint es erstrebenswerter zu sein eine hohe Zahl auf dem Bankkonto zu haben, als einen Porsche zu fahren. Das ist legitim, denn als Liberaler denke ich, dass jeder das Recht hat mit seinem Geld zu machen, was er möchte. Wer gerne auf vieles verzichtet, weil es ihn glücklich macht zu sehen, dass das Geld auf dem Konto mehr wird, der soll tun, was ihn glücklich macht.

Für Hager scheinen aber Menschen, die etwas von Statussymbolen halten, nicht besonders viel in der Birne zu haben. Das finde ich persönlich schwierig. Jeder Mensch, der für seinen Reichtum gearbeitet hat, hat aus meiner Sicht ein Recht darauf das zur Schau zu stellen. Wer gerne einen Porsche fahren möchte, der soll das tun. Hinzu kommt die psychologische Wirkung von Statussymbolen, die ja auch in zahlreichen Studien nachgewiesen wurde. Das widerspricht sich auch sonst mit dem Karma Ansatz: „Gib Geld, damit es zu dir zurückkommt“, den der Autor ansonsten im Buch vertritt. 

Grundsätzlich finde ich es etwas schwierig zu sagen: „Der fährt ein dickes Auto, der ist sicher pleite. Wenn er wirklich reich wäre, hätte er es nicht nötig, das zu zeigen“ 

Ich finde es auch spannend, dass Hager zu Beginn seines Buches ein Gespräch mit einem Mentoring Teilnehmer sinngemäß wiedergibt, der sich darüber monierte, dass an der Côte d’Azur Champagner für 20.000 Euro Champagner gesoffen wird. Woraufhin ihn der Autor (meiner Meinung nach vollkommen zurecht) darauf hinweist, das diese Verärgerung darüber den eigenen limitierenden Glaubenssätzen des Teilnehmenden entspringt. An einiger Stelle hätte ich mir bei den zynischen Kommentaren des Autors gewünscht, er würde diesen Rat auf sich selbst anwenden. 

Das gilt insbesondere für das „Instagram Bashing“, das er hier und da betreibt. Sinngemäß ein ewig gestriges „diese Jugend heutzutage lebt ja nur noch auf Pump für Instagram Hauptsache für ein Foto gut aussehen damit man Leute beeindruckt die man nicht mag“. Ich finds einfach generell schwierig eine ganze Generation da so in „Sippenhaft“ zu nehmen. Insbesondere weil aus meiner Sicht nichts verwerfliches daran ist, seinen Erfolg zu zeigen, wenn man dafür gearbeitet hat.

Auf Seite 100 schreibt er „Und selbst für Klamotten geben die meisten von uns augenscheinlich mehr Geld aus als Gates oder sein früherer Dauerrivale Steve Jobs mit ihren immer gleichen Pullundern respektive schwarzem Rolli.“ Was der Autor möglicherweise nicht weiß ist, dass es sich bei Steve Jobs schwarzen Rollkragenpullovern um Designer Stücke handelte, die einzig für ihn entworfen wurden und vermutlich mehr gekostet haben als die meisten von uns in ihrem ganzen Leben für Kleidung ausgeben. (Und das sage ich als jemand mit 12 maßgeschneiderten Anzügen im Schrank)

Ich finde solche Vergleiche grundsätzlich immer schwierig. Weil hier sehr einfache Korrelationen herangezogen werden nach dem Motto „Guck mal der ist so reich und der macht XY also musst du nur XY machen um reich zu werden“ weil es in vielen Fällen 1. nicht stimmt und 2. man hier einen Stichprobenfehler begeht. 

Genau so wenn gesagt wird, dass erfolgreiche und reiche Menschen immer nach dem Motto „underpromise and overdeliver“ leben würden. Auch das ist schlicht und ergreifend nicht wahr, sowohl über Steve Jobs als auch über Elon Musk sind zahlreiche Geschichten bekannt, in denen die Gründer das blaue vom Himmel versprochen haben und es am Ende nicht halten konnten. Das macht „underpromise and overdeliver“ nicht per se zu einem schlechten Rat, doch es wäre ein viel besserer Rat gewesen, wenn man auf den undifferenzierten Vergleich verzichtet hätte.

Das macht den Inhalt nicht schlecht. Es sind aber – aus meiner Sicht – hier und da ein paar zu populistische Stilmittel verwendet worden. Gleiches gilt für den Radiomoderatoren Humor (die coolen Kids würden sagen „Boomer Humor“), den Mike Hager immer wieder anbringt. Ich fand Wortwitze wie „frei nach dem neugriechischen Internetphilosophen Amazonas Zalandos“ teilweise etwas anstrengend. Mir sind da beim Lesen ehrlich gesagt die „ba-dum-tsa“ Geräusche in meinem Kopf zu redundant geworden. Doch hier muss man natürlich anmerken, dass das 1. nur mein ganz persönliches Empfinden ist und andere Menschen diesen Schreibstil vielleicht total toll finden und dass 2. Mike Hager nun mal Radiomoderator ist und das ist genau die Art von Humor, mit der er seit Jahrzehnten sein Geld verdient. – Das ist also wirklich der persönlichste und schwächste Kritikpunkt in meiner Liste. 

Insgesamt hat Mike Hager mit diesem Buch einen tollen Geldratgeber geschaffen. Auch wenn ich viel zu kritisieren hatte. Aber das ist aus meiner Sicht mein eher ein Qualitätsmerkmal, denn wenn man an einem Buch nicht differenziert etwas aussetzen kann, sondern einfach nur sagt „hat mir nicht gefallen“, dann ist es wirklich kein gutes Buch. Ein gutes Buch hingegen, das hat nun mal auch Ecken und Kanten an denen sich der Lesende ganz subjektiv stößt, die aber bei anderen Leser:innen auf sehr gute Resonanz treffen werden.

Insgesamt passt das Buch vom Inhalt in eine Ecke mit Büchern wie „Der reichste Mann von Babylon“ oder der Literatur von Bodo Schäfer und Gerald Hörhan. 

Ich möchte aber abschließend noch einen Kritikpunkt zum Inhalt äußern. Doch zunächst einmal finde ich es super, dass der Autor in seinem Buch immer wieder zum Sparen und investieren auffordert. Ich finde es auch ganz großartig, dass er den Weg Reich zu werden als sehr solide und ohne große Effekthascherei beschreibt. 

Wie bei den meisten Dingen stehen wir uns häufig selbst im Weg. Die größte Hürde ist in unserem Kopf. Denn es kann wirklich so einfach sein: Wer weniger ausgibt, als er:sie verdient, das Gesparte klug investiert, dabei diversifiziert und lange am Ball bleibt, der kann eigentlich nicht anders als wohlhabend zu werden. 

Doch ich möchte zusätzlich zur Lektüre von „Geld allein ist auch eine Lösung“ vor allem sehr jungen Menschen das Buch „Die with Zero“ ans Herz legen. 

Wenn du Anfang 20 bist und ein sehr geringes Einkommen hast, dann ist es unter Umständen nicht immer schlau zu sparen. Wenn du neben dem Studium vielleicht nur einen 400 Euro Job hast und mit der Unterstützung deiner Eltern gerade so dein Studentenapartment bezahlen kannst, so dass dir vielleicht wirklich nur 200 Euro im Monat bleiben. Ja, ich bin sicher dann schaffst auch du es 20 Euro im Monat zu investieren und zurückzulegen. Und nach 5 Jahren wären das immerhin rund 1.500 Euro. Doch die Frage ist, ob du in 5 Jahren nach deinem Studium nicht sowieso so viel verdienst, dass es für dich das kleinere Übel ist direkt mit einer größeren Investitionssumme einzusteigen und zu investieren. Denn die 20 Euro, die du während deiner Geldknappheit gespart hast, waren vielleicht 2 mal im Monat mit deinen Freunden Pizza essen und die Frage ist, ob dir das nicht vielleicht mehr Lebensdividente und gute Erinnerungen gebracht hätte, auf die du mit 90 noch zurückblickst, als dir 1.500 Euro mehr auf dem Konto mit Mitte 20 gebracht hätten.

Und damit will ich keinesfalls dazu aufrufen zu verschwenden oder vom Sparen abraten. Ich möchte nur, dass niemand über das Sparen vergisst zu leben. 

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